Borreliose durch Zecken

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Übertragung, Symptome, Verlauf, Prognose, Therapie von Borreliose nach dem Zeckenbiss

Fachliche Mitarbeit: Dr. Harald Stephan, überarbeitet am 12. Januar 2020

Borreliose ist eine durch Zecken verursachte bakterielle Infektion. Sie verläuft zwar nicht tödlich, kann für die betroffenen Patienten aber außerordentlich unangenehm sein und ein lebenslang anhaltendes Krankheitsbild verursachen, wenn man nicht frühzeitig eine Therapie einleitet.

Ixodes hexagonus (aka)
Bild von André Karwath aka Aka (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons

Lyme-Borreliose durch Zecken

Die Lyme-Borreliose hat ihren Namen von dem kleinen US-amerikanischen Ort Lyme erhalten, in dem 1975 erstmals ein Zusammenhang zwischen Zeckenstichen und gehäuftem Auftreten von Gelenkentzündungen hergestellt werden konnte.

Übertragung der Lyme-Borreliose

Wie der Name bereits vermuten lässt verursachen die namengebenden Bakterien diese Infektion. Bei Borrelien handelt es sich um schraubenförmige, mit 30 µm sehr große gram-negative Bakterien aus der Gruppe der Spirochäten.

Borrelien Bakterien
Borrelien Bakterien im Blut / bigstockphoto.com/ Copyright: Kateryna Kon

Benannt wurden sie zu Ehren des französischen Bakteriologen Amédée Borrel, einem Mitarbeiter des legendären Institute Pasteur.

Als natürliche Wirte dienen ihnen vor allem kleine Vögel, Mäuse und andere Nagetiere, die im Gegensatz zum Menschen bei einem Befall nicht erkranken.

Auf den Menschen gelangen sie durch tierische Überträger, sogenannte Vektoren. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Zecken. Wie an den acht Beinen zu erkennen zählen Zecken zu den Spinnentieren. Die Übertragung von Borrelien verdanken wir vor allem dem Großen Holzbock (Ixodes ricinius).

Ixodes sind Überlebenskünstler. Unter Laborbedingungen konnten Tiere bis zu zehn Jahre ohne Nahrung auskommen. Entgegen landläufiger Meinung sitzen sie in der Natur nicht auf Bäumen und lassen sich auf ihre Opfer fallen, sondern sie warten auf Sträuchern und Büschen auf vorübergehende Säugetiere, die sie im Vorübergehen abstreifen und an denen sie sich festsetzen.

Zur Erkennung eines Wirtes nutzt die Zecke das sogenannte Hallersche Organ an den Vorderbeinen, mit dessen Hilfe sie Temperatur und Kohlendioxid eines Tieres oder Menschen wahrnehmen können. Ähnlich wie bei den Stechmücken sind es auch bei Zecken nur die Weibchen, die Blut für die Aufzucht ihrer Nachkommen benötigen.
Hat die Zecke einen Wirt gefunden, sucht sie eine Stelle, an der sie sich festsaugen kann. Vor allem die geschützten Bereiche von Kniekehlen, Armachseln oder Schritt haben es ihr angetan.

Zecke in der Wohnung
Ansicht Zecke – Copyright: Steven Ellingson, Bigstockphoto

Mit den beiden Cheliceren (Kieferklauen) ihres Stechapparates bohren sie ein Loch in die Haut des Opfers. In dieses wird das Hypostom (Stechrüssel) eingeführt, mit dessen Widerhaken sich die Zecke an ihrem Opfer festsetzt.

Der Speichel der Zecke enthält ein «Betäubungsmittel», das dafür sorgt, dass der Stich unbemerkt bleibt. Ein blutgerinnungshemmendes Mittel hält die Wunde offen, sodass die Zecke ausreichend Zeit hat, ihre Mahlzeit abzuschließen. Das kann mehrere Tage dauern. Der Hinterleib der Zecke schwillt durch das Blut immens an. Durch das Blut erreicht das Tier das 200-fache seines Normalgewichtes.

Borrelien hausen im Mitteldarm der Zecke. Daher dauert es relativ lange, bis eine Übertragung in die Wunde erfolgt. Dementsprechend wächst die Gefahr einer Borrelieninfektion mit zunehmender Dauer. Entsprechend wichtig ist eine rechtzeitige Entfernung des Blutsaugers. Ansonsten gelangen die Erreger in die Blutbahn und beginnen ihr unheilvolles Werk.

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Dr. Barop, Neurologe aus Hamburg

Bei Zeckenbiss Borreliose erkennen

 

Häufigkeit der Borreliose

Das Leibniz-Institut für Länderkunde nutzt alljährlich die Abrechnungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, um den Nationalatlas der Lyme-Borreliose-Infektionserkrankungen zu aktualisieren. Aus den erhobenen Daten geht hervor, dass das Erkrankungsrisiko starken regionalen Schwankungen unterliegt. Gegen Osten und gegen Süden nimmt die Zahl der dokumentierten Fälle deutlich zu, vor allem im Osten der Neuen Bundesländer und Bayerns. Nach Schätzungen erkranken in der BRD jährlich 100.000-200.000 Menschen neu.

Die meisten Infektionen treten zu den Hauptaktivitätszeiten der Zecken auf. Das ist von März bis Oktober der Fall, da Zecken bereits ab einer Temperatur von 10°C aktiv werden, besonders aber zwischen Juni und August.

Nicht alle Zecken enthalten Borrelien. Man geht davon aus, dass das in Deutschland nur bei zwischen fünf und fünfunddreißig Prozent der Tiere der Fall ist, abhängig von der Region.

Wird man von einer Zecke gebissen, liegt das Infektionsrisiko bei 1,5 bis 6 Prozent. In den meisten Fällen sorgt die körpereigene Immunabwehr dafür, dass die Borrelien auf Dauer keine Chance haben, sich dauerhaft zu vermehren. Daher ist etwa ein Viertel der deutschen Bevölkerung seropositiv für Borrelien, ohne dass sie jemals an einer Borreliose gelitten hätten.

«Die manifesten Symptome der Lyme-Borreliose treten lediglich bei 0,3 bis 1,4 Prozent der gestochenen Personen auf.»

 

Borreliose Symptome

Charakteristische Symptome im Verlauf der Lyme-Borreliose

Die ersten Symptome einer Lyme-Borreliose lassen einige Tage oder Wochen auf sich warten. Meistens äußert sie sich in unscheinbaren «grippeähnlichen Symptomen» wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, geschwollenen Lymphknoten und Mattheit. Schmerzende Muskeln und Gelenke können hinzukommen.

Besonders verräterisch ist das Erythema migrans, die Wanderröte, die sehr typisch für die Borreliose ist. Ausgehend von der Einstichstelle kommt es zu einer nicht schmerzenden und nicht juckenden Hautrötung. Mit einem scharf umrissenen konzentrischen Ring entfernt sich diese immer weiter von der zentralen Stelle. Wenn ein Arzt diese Wanderröte sieht, wird er sogleich auf eine Borreliose tippen. Tritt sie nicht auf, ist die Gefahr groß, dass die Krankheit unerkannt bleibt.

Im Zeitraum von Wochen und Monaten breiten sich die Erreger immer weiter im Körper aus. Neben den nach wie vor grippeähnlichen Symptome werden nun auch Herz und Nervensystem geschädigt.

Man spricht daher auch von einer Herzborreliose beziehungsweise Neuroborreliose.

Bei der Herzborreliose entzünden sich Herzmuskel und Herzbeutel (Myokarditis, Perikarditis). Die Neuroborreliose zeichnet sich durch entzündliche Vorgänge an den Nervenwurzeln und Hirnhäuten aus (Meningopolyneuritis, Bannwarth-Syndrom).

Oft ist der Fazialisnerv (Nervus facialis) betroffen, der die Gesichtsmuskeln innerviert. Als Folge ist die mimische Muskulatur gelähmt und ein einzelner Mundwinkel hängt herab.

Zusätzlich kann sich die mittlere Augenhaut entzünden (Uveitis). Sehr selten tritt eine Lymphadenosis cutis benigna auf mit fleckigen Hautrötungen an den Ohrläppchen, Brustwarzen und Genitalien.

Monate bis Jahre nach der Infektion kommt es zu zunehmenden Beeinträchtigungen des Nervensystems bis hin zur progressiven Enzephalomyelitits mit Lähmungserscheinungen. Die schmerzhafte Lyme-Arthritis schädigt das Knie oder andere Gelenke.

 

Prognose der Lyme-Borreliose

Eine einmal erfolgte Infektion mit Borrelien sorgt für die Bildung spezifischer Antikörper. Leider schützen die nicht vor einer neuerlichen Infektion, sodass sich das unschöne Spiel mehrfach wiederholen kann.

Dementsprechend gibt es auch «keinen Impfschutz» gegen die Infektion. In den USA hat man einen rekombinant hergestellten Impfstoff auf Grundlage des Oberflächenproteins OspA nach einiger Zeit wieder vom Markt genommen.

Heidelberger Wissenschaftler arbeiten zurzeit an einem neuen OspA-basierten Impfstoff, der vor dem Zeckenstich wirksam wird: Gelangen die Antikörper mit dem ersten Blut in den Darm der Zecke, töten die Antikörper die dort ansässigen Borrelien ab, sodass diese keinen Schaden mehr anrichten können. Noch ist dieser Impfstoff nicht zugelassen.

Wird eine Lyme-Borreliose frühzeitig erkannt und behandelt, ist eine vollständige Heilung problemlos möglich.

Je weiter die Krankheit fortgeschritten ist, desto schwieriger wird die Behandlung, da bereits eingetretene Schädigungen an Herz und Nerven nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

 

Therapie der Lyme-Borreliose

«Wenn die Therapie frühzeitig beginnt, kann die Infektion durch die Gabe von Antibiotika beendet werden.» Zum Einsatz kommen Doxycyclin, Amoxicillin, Cefotaxim oder Ceftriaxon, die oral oder intravenös verabreicht werden.

Die Borreliose Behandlung muss über einen relativ langen Zeitraum erfolgen, da die Borrelien einen langen Generationszyklus haben. Man vermutet zudem, dass sich einige Exemplare an Stellen zurückziehen, die für Antibiotika schlecht zugänglich sind wie das Bindegewebe. Mindestens zwei, besser noch drei Wochen sollte man hierfür einplanen, wenn man ganz sichergehen will.

Bei Kindern unter neun Jahren wird der Einsatz von Doxycyclin vermieden, da dieses sich in Knochen und Zähnen einlagert und so deren Wachstum beeinflusst. Ebenso sieht man von einem Einsatz in der Schwangerschaft ab, da das Antibiotikum fruchtschädigend wirkt. Stattdessen werden bei Kindern und Schwangeren Amoxicillin, Penicillin G oder Ceftriaxon verwendet.

Oftmals wird eine prophylaktische Antibiotikabehandlung vorgeschlagen. Das ist genauso unsinnig wie die Empfehlung, die entfernte Zecke auf Borrelien untersuchen zu lassen. Selbst wenn Borrelien in den Blutkreislauf gelangen, kommt es nur in seltenen Fällen zu einer manifesten Infektion.

Autor: Dr. Harald Stephan
Literatur:
Petra Hopf-Seidel: Krank nach Zeckenstich: Borreliose erkennen und wirksam behandeln. Knaur MensSana Taschenbuch 2008. ISBN-10 3426873923

 

weiterlesen: Borreliose Symptome

 

Behandlungstipps für die Patienten

Leiden Sie an einer Borreliose durch Zeckenbisse, erhält deren Behandlung eine hohe Priorität. Sie unterscheidet sich im Spätstadium nur geringfügig von der frühen Therapie. Jedoch bedenken Sie, dass der Behandlungserfolg bei längerer Krankheitsdauer sinkt. Zudem kommt es unter Umständen zu irrreparablen Organschäden. Verteilten sich die Borrelien bereits im Organismus, dauern die Gegenmaßnahmen zwei bis vier Wochen. Im Frühstadium reicht in der Regel eine zweiwöchige Therapie. Bei der zweiten und dritten Krankheitsphase spritzen die Mediziner die Antibiotika direkt in die Blutbahn der Patienten.

Redaktionstipp: wertvolle Einblicke bietet diese >> Selbsthilfegruppe Borreliose

Ein sicherer Schutz gegen Borreliose stellt deren Vorbeugung dar. Die Erreger verbergen sich vor der körpereigenen Immunabwehr der Wirte. Daher existiert keine sichere Impfung für die gesundheitliche Komplikation. Damit die Bakterien nicht in Ihren Körper gelangen, entfernen Sie die Zecken besser frühzeitig. Beseitigen Sie die Parasiten, bevor sie den Saugprozess beenden, sinkt das Risiko der Erkrankung. Ebenso bewährt es sich, Zeckenschutzmittel zu verwenden.

Neben Insektenspray helfen pflanzliche Öle gegen die Spinnentierchen. Tupfen Sie Lavendel- oder Nelkenöl auf Ihr Schuhwerk, vermeiden die Zecken den Kontakt mit den Textilien.

 

 

Dr. rer. medic. Harald Stephan, Doktor der Gesundheitswissenschaften, als Autor medizinischer Themen entsprechen seine Artikel dem aktuellen medizinischen Wissensstand.