Autor: Dr. rer. medic. Harald Stephan

Die Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) beschreibt eine durch Viren hervorgerufene Entzündung der Hirnhäute, die durch die Übertragung durch Zecken entsteht. Zecken injizieren die FSME Viren bei ihrer Blutmahlzeit mit dem Speichel.

Im Gegensatz zur Borreliose geschieht das bereits zu Beginn des Saugens, sodass eine zeitige Entfernung der Zecke keinen Schutz vor FSME bietet. Die wichtigsten Vorsorgemaßnahmen sind das Tragen geeigneter Kleidung sowie eine FSME-Impfung in ausgewiesenen Risikogebieten.

Zecken
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Ursachen: Erreger von FSME

Verursacher der Frühsommer-Meningoenzephalitis ist das gleichnamige FSME-Virus, das zu den Flaviviren gehört. Sie haben eine einzelsträngige RNA als Erbsubstanz und sind durch eine Virushülle (Kapsid) geschützt.

Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) – Das Wichtigste auf einen Blick!

  1. FSME ist eine Viruserkrankung, die von Zecken übertragen wird.
  2. Die Infektion erfolgt während der Blutmahlzeit der weiblichen Tiere an einem menschlichen Wirt.
  3. Die Übertragung erfolgt sehr früh, da die Viren in den Speicheldrüsen sitzen. Im Gegensatz zu Borreliose bietet daher die frühe Entfernung der Zecke keinen Schutz.
  4. Nach anfänglichen grippeähnlichen Symptomen wie Fieber und Abgeschlagenheit kommt es in einigen Fällen zu einem zweiten Krankheitsgipfel, bei dem Gehirn, Rückenmark und Hirnhäute beteiligt sind.
  5. Die Entzündungen führen in etwa einem Prozent der Fälle zu einem tödlichen Verlauf.

Überträger von FSME: Zecken

Überträger von FSME ist meistens der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus). Selten sind Ixodes persulcatus, Auwaldzecken (Dermacentor spec.), Lederzecken (Ornithodorus spec., Argas spec.) oder andere Vertreter beteiligt.

Zecken gehören zu den Spinnentieren, wie sich an den acht Beinen leicht erkennen lässt. Entgegen dem weit verbreiteten Irrglauben, sie säßen auf Bäumen und würden sich bei Annäherung eines Opfers fallen lassen, sitzen die blutsaugenden weiblichen Zecken in Gras, Büschen und Sträuchern bis Knie- oder Hüfthöhe und warten darauf, abgestreift zu werden.

Besonders aktiv sind die Tiere bei Wärme und Feuchtigkeit, etwa nach einem warmen Sommerregen. Selbst im Herbst drohen Zeckenbisse und FSME, denn die Blutsauger fallen erst bei Temperaturen unter 5 °C in eine Kältestarre. Daher herrscht von März bis Oktober Zeckensaison.

Neben FSME übertragen die Tiere auch Borrelien (Borrelia spec.). Die Bakterien sind Erreger der Lyme-Borreliose (Borrelia burgdorferi) und des Rückfallfiebers. Letzteres kommt in Deutschland nur als importierte Reisekrankheit vor.

Sehr selten ist eine Übertragung von FSME durch die rohe Milch einer infizierten Kuh. Durch Kochen oder Pasteurisieren lassen sich die Viren zuverlässig abtöten.

Ursachen von FSME durch Zecken: So gelangen die Viren ins Blut

Der Holzbock erkennt einen potentiellen Wirt mit dem Hallerschen Organ am Ende der Vorderbeine. Dort sitzen Chemorezeptoren, die auf Kohlendioxid, Ammoniak, Schwefelwasserstoff und Buttersäure reagieren, wie sie für ein Säugetier typisch sind.

Hat die Zecke ein Opfer gefunden, krabbelt sie umher und sucht nach einer geeigneten Stelle zum Blutsaugen. Dabei bevorzugt sie Orte mit dünner Haut, hoher Luftfeuchtigkeit und guter Durchblutung: Kniekehlen, Achseln und Genitalbereich, bei Kindern Kopf und Nacken.

Der Zeckenbiss ist streng genommen ein Zeckenstich. Das Tier beißt mit seinem hochentwickelten Kieferklauen (Cheliceren) ein winziges Loch in die Haut und führt den mit zahlreichen Widerhaken versehenen Stechrüssel (Hypostom) in die Wunde ein. Ein spezieller Klebstoff sorgt dabei für ausreichende Haftung, sodass sich die Zecke nicht mehr ohne weiteres abstreifen lässt.

Damit die Blutgerinnung die Mahlzeit nicht vereitelt und das Opfer nichts mitbekommt, enthält der Speichel der Zecke ein blutgerinnungshemmendes Mittel und betäubende Substanzen. So kann sie unbemerkt saugen, bis ihr Hinterleib auf das bis zu 200-fache seines normalen Volumens angeschwollen ist. Danach zieht sie den Stechapparat ein und fällt ab. Nach Befruchtung legt das Weibchen bis zu 3000 Eier. Damit ist seine Arbeit getan, und es stirbt.

FSME-Viren werden bereits zu Beginn des Saugens durch die Zecke übertragen

FSME-Viren befinden sich bereits im Sekret der Speicheldrüsen der Zecke, sodass die Übertragung von FSME direkt nach dem Zeckenbiss beginnt. Eine schnelle Beseitigung des Blutsaugers bietet somit zwar einen Schutz vor Borreliose, nicht aber vor FSME.

Bei der Borreliose dauert die Übertragung eine Weile, da die verursachenden Bakterien im Mitteldarm der Zecke sitzen. Die Weibchen interessieren sich nur für die nahrhaften festen Blutbestandteile und pumpen das Blutplasma während der Mahlzeit kontinuierlich wieder zurück. Da dieses im Mitteldarm zwischengelagert wird, kommt es zu einer Übertragung der Borrelien.

Symptome einer Frühsommer-Meningoenzephalitis

Wie die meisten Beeinträchtigungen des Immunsystem äußert sich eine Infektion mit dem FSME-Virus zunächst in unspezifischen Beschwerden, wie man sie von einem grippalen Infekt kennt:

  • Fieber
  • Kopf- und Gliederschmerzen
  • Müdigkeit und Abgeschlagenheit
  • gegebenenfalls Übelkeit und Erbrechen.

Diese wenig aussagekräftigen Beschwerden sorgen dafür, dass die meisten Infektionen nicht bemerkt werden.

In etwa 10 Prozent der Fälle kommt es nach der ersten Krankheitswelle und einem fieberfreien Intervall zu einem zweiten Krankheitsgipfel. Hier haben die Viren das Zentrale Nervensystem befallen und sorgen für Entzündungen von

  • Gehirn (Enzephalitis),
  • Rückenmark (Myelitis) und/oder
  • Hirnhäute und Rückenmarkshäute (Meningitis).

Die häufigste Kombination aus Hirnentzündung und Hirnhautentzündung bezeichnen Mediziner als Meningoenzephalitis – daher der Name.

Folge dieser Entzündungsreaktionen sind neurologische Beschwerden wie

  • Taubheitsgefühl,
  • Lähmungen und
  • Bewusstseinseintrübungen.

Bei rund einem Prozent der Erkrankten verläuft FSME trotz Therapie tödlich.

Therapie der Frühsommermeningoenzephalitis

Eine kausale Behandlung der Viruserkrankung ist bisher nicht möglich. Daher gilt es die Beschwerden so gut es geht zu lindern. Bettruhe und die Gabe von Schmerzmitteln ist angebracht, wohingegen fiebersenkende Mittel und Glukokortikoide kontraindiziert sind. Eine Fiebersenkung begünstigt die Virusvermehrung.

In schweren Fällen wird eine intensivmedizinische Betreuung notwendig. Dazu gehören gegebenenfalls parenterale Ernährung und künstliche Beatmung.

Während Kinder vielfach einen symptomfreien bis leichten Verlauf zeigen, kommt es im fortgeschrittenen Alter immer häufiger zu Komplikationen. Studien zufolge sind die Folgeschäden bei 60 Prozent der über 15-Jährigen dauerhaft. Dazu gehören insbesondere neurologische Funktionsstörungen und psychische Beeinträchtigungen. Bei einem schweren Verlauf gesunden nur etwa 20 Prozent der Patienten, wohingegen die Hälfte lebenslange Schäden davonträgt und bis zu 30 Prozent innerhalb von zehn Jahren nach Infektion versterben.

Wichtigste Schutzmaßnahme: Zeckenbisse verhindern

In Risikogebieten sollte man im Frühsommer auf freie Hautpartien besonders an den Beinen verzichten. Die meisten Zecken lauern im Gras und warten darauf, von vorüberziehenden Opfern abgestreift zu werden. Mit langen Hosen und Strümpfen und geeigneten Schuhwerk lässt sich ein Zeckenbiss und damit eine Infektion mit FSME-Viren verhindern.

Ist man in einem Zeckengebiet unterwegs gewesen, empfiehlt es ein vollständiges Entkleiden, um den ganzen Körper gründlich auf mögliche Plagegeister abzusuchen.

FMSE-Impfung

Medizinerin Frauke Höllering empfiehlt in diesem Video: Wer sich gegen FSME durch Zecken impfen sollte:

Vorbeugung ist die beste Medizin. Neben dem Tragen geeigneter Kleidung in FSME-Gebieten bietet eine Impfung den besten Schutz. Die Grundimmunisierung sollte vorzugsweise im Winter erfolgen, damit im darauffolgenden Frühjahr eine ausreichende Immunisierung gegeben ist. Auffrischungsimpfungen werden Patienten unter 50 Lebensjahren alle fünf, ab 50 alle drei Jahre empfohlen.

Eine früher zugelassene postexponentielle Immunprophylaxe, also passive Impfung nach Zeckenbiss, wird in Deutschland nicht mehr angewendet.

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Quellen

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  • Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2016: Herold-Verlag. ISBN-10: 3981466063.
Dr. rer. medic. Harald Stephan, Doktor der Gesundheitswissenschaften, als Autor medizinischer Themen entsprechen seine Artikel dem aktuellen medizinischen Wissensstand.